Was treibt die jungen Wilden um: VLWN startet Themenreihe mit „Lehrkräfteausbildung“
Die aktuellen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfordern eine individuelle Bildung, die junge Menschen nicht nur fachlich qualifiziert, sondern ihnen auch die Chance gibt, kritisches Denken und selbstständiges Handeln zu lernen sowie eine resiliente Persönlichkeit zu entwickeln. Diese Aufgabe beginnt bei der Ausbildung der Lehrkräfte. Eine Lehrerbildung, die forschendes Lernen und die Lehre des Lehrens miteinander verschränkt, kann als Schlüssel angesehen werden, um Lehrkräfte auf ihre anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten. Doch um Theorie und Praxis nicht nur zu verzahnen, sondern zu einer echten Symbiose zu verschmelzen, sind finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen unabdingbar.
Forschendes Lernen: Lehrkräfte als
Reflexions- und Entwicklungsprofis
Forschendes Lernen bedeutet, dass angehende Lehrkräfte nicht nur Inhalte reproduzieren, sondern aktiv an der Erkundung, Analyse und Lösung bildungsrelevanter Fragestellungen beteiligt werden. Es schafft eine Haltung der Offenheit, Reflexion und Weiterentwicklung – essenziell, um die komplexen und sich ständig wandelnden Anforderungen des Bildungsalltags zu meistern. Eine Ausbildung auf Basis wissenschaftlicher Methoden soll Lehrkräfte unterstützen, innovative Ansätze zu entwickeln und ihre eigene Praxis kontinuierlich optimieren zu können.
Doch forschendes Lernen muss gezielt unterstützt werden. Studienseminare und Universitäten sollten eng kooperieren, um forschendes Lernen nicht nur in der Theorie zu verankern, sondern auch in der Praxis zu leben. Projekte, bei denen angehende Lehrkräfte direkt in den berufsbildenden Schulen Unterrichtskonzepte entwickeln, umsetzen und evaluieren, könnten ein förderlicher Ansatz sein. Hierfür sind jedoch zeitliche Freiräume, Begleitung durch Expertinnen und Experten sowie finanzielle Ressourcen seitens der Universitäten, Schulen und Studienseminare notwendig. Darüber hinaus braucht es aber auch ein gewisses Maß an Verständnis für die Relevanz einer solchen Ausbildung bei allen Beteiligten.
Die Lehre des Lehrens: Forschung
als Basis für die Praxis
Neben dem forschenden Lernen muss die Lehre des Lehrens auf dem aktuellen Stand der Bildungsforschung und gerne auch darüber hinaus basieren. Angepasst an die neuesten Erkenntnisse der Lernpsychologie, Didaktik und Pädagogik sollten zukünftige Lehrkräfte mit Werkzeugen ausgestattet werden, die ihnen helfen, den individuellen Bedürfnissen ihrer Schüler gerecht zu werden. Ob inklusiver Unterricht, personalisierter Unterricht, der Einsatz digitaler Medien und künstlicher Intelligenz oder die Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen – nur wenn die Lehrerbildung evidenzbasiert ist, können Lehrkräfte effektiv und nachhaltig unterrichten.
Eine Symbiose aus Theorie und Praxis bedeutet hier, dass Forschung und Praxis Hand in Hand gehen: Das alte Spiel von Wissensvermittlung in der Universität, Nivellieren dieses Wissens im Referendariat und Hineinwachsen in die generischen Strukturen von Schule, sollte zu Gunsten einer echten Symbiose der Ausbildungsstätten kritisch hinterfragt werden.
Individuelle Förderung als zentrales Ziel
Eine Lehrkräftebildung, die sich an der Forschung orientiert und forschendes Lernen integriert, ist die Voraussetzung dafür, dass Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf ihre Zukunft vorbereitet werden. Die Gesellschaft verlangt von Schulen zunehmend, individuell auf die Bedürfnisse ihrer Schüler einzugehen. Das bedeutet: Lehrkräfte müssen in der Lage sein und die Möglichkeiten bekommen, heterogene Lerngruppen zu managen, Diagnosen zu stellen und passgenaue Fördermaßnahmen zu entwickeln.
Dies gelingt nur, wenn Lehrkräfte selbst in einer Ausbildungsumgebung lernen, die individualisiert, flexibel und zukunftsorientiert ist. Dazu ist auch eine gewisse Haltung in der Lehrkräftebildung zu fördern, die es ermöglicht, Schüler auf deren individuellen Wegen zu begleiten und zu fördern.
Ressourcen: Eine Investition in die Zukunft
Eine Symbiose aus forschendem Lernen und evidenzbasierter Lehre ist nur möglich, wenn das Land ausreichende Ressourcen bereitstellt. Hierzu gehören:
• Zeitliche Ressourcen: Lehramtsstudierende und Referendare brauchen Raum für Forschung, Reflexion und Praxisprojekte. Überfrachtete Curricula und Zeitdruck stehen diesem Ziel oft im Weg. Der Einsatz von Studierenden zum Ausgleich des Lehrkräftemangels kann nicht als adäquate Lösung angesehen werden, wenn sie nicht sinnvoll in das Ausbildungsgeschehen integriert ist.
• Personelle Ressourcen: Kleine Seminargruppen, individuelle Betreuung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Dozenten, Seminarleitern und Mentoren erfordern gut ausgestattete Teams. Dazu sind vor allem auch in den Schulen Freiräume für das Ausbildungspersonal zu schaffen, damit sie sich mit den Universitäten und Studienseminaren vernetzen können.
• Finanzielle Ressourcen: Projekte, Fortbildungen und Forschungsvorhaben kosten Geld. Investitionen in die Lehrkräftebildung sind Investitionen in die Zukunft der Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass zusätzliches Engagement in der Ausbildung angehender Lehrkräfte nicht entsprechend honoriert wird.
Fazit: Eine Symbiose für
nachhaltige Bildung
Eine Lehrerbildung, die Theorie und Praxis zu einer Symbiose verbindet, legt den Grundstein für eine zukunftsfähige Schule. Forschendes Lernen macht Lehrkräfte zu Reflexions- und Entwicklungsprofis, während die Orientierung an der Bildungsforschung sicherstellt, dass die Lehre auf dem neuesten Stand ist. Dies ist nicht nur im Interesse der angehenden Lehrkräfte, sondern vor allem der Schülerinnen und Schüler, die von Lehrkräften unterrichtet werden, die auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen und sie auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten können.
Patrick Geiser