Modell mit Potenzial nicht nur für das Berufskolleg?

Der VLWN wirft einen Blick über die Landesgrenze hinaus nach Nordrhein-Westfalen

 

In NRW macht sich Unmut über das verkrustete Lehramtstudium breit. In einem gemeinsamen Vorstoß fordern gleich 13 Elternverbände die Einführung dualer Studiengänge für das Lehramt. Mit Blick auf andere Bundesländer, die bereits entsprechende Modelle umsetzen, warnen die Initiatoren: Nordrhein-Westfalen drohe den Anschluss zu verlieren – sowohl bei der Lehrkräftebildung als auch im Wettbewerb um Nachwuchs. „Auch Niedersachsen hat gerade in der beruflichen Bildung mit einem eklatanten und sich weiter verschärfenden Lehrermangel zu kämpfen. Insofern lohnt der Blick über die Landesgrenze“, sagt Joachim Maiß, Vorsitzender des VLWN.

Je mehr andere Bundesländer ihre Studienbedingungen verbessern, desto größer werde die Gefahr, dass nicht nur fertig ausgebildete Lehrkräfte, sondern auch Studierende abwandern – „insbesondere aus belasteten Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet“, heißt es in dem Appell an die Landesregierung.

Was bedeutet „duales Lehramtsstudium“?
Im Unterschied zur klassischen Lehrkräftebildung – also Studium mit anschließendem Referendariat – kombiniert ein duales Studium theoretische Anteile an der Universität mit praktischen Erfahrungen an Schulen von Beginn an. Die angehenden Lehrkräfte stehen so schon im Studium im Klassenzimmer, teils ab dem ersten Semester, teils nach dem Bachelorabschluss. Das Referendariat würde in solchen Modellen ganz oder teilweise in das Studium integriert oder deutlich verkürzt.

Bildungsministerien in Ländern wie Baden-Württemberg, Thüringen oder Sachsen-Anhalt haben bereits erste duale Modelle für das Lehramt implementiert. Ein entsprechender Beschluss der Kultusministerkonferenz hatte im vergangenen Jahr den Weg dafür freigemacht. In NRW hält sich das Bildungsministerium aktuell noch bedeckt, prüft aber laut eigener Aussage mögliche Verbesserungen in der Lehrkräfteausbildung und erarbeitet hierzu einen Bericht.

Berufskolleg als Vorreiter?
Erfahrungen mit dualen Studienformaten gibt es in NRW bereits – allerdings nur im Kontext des beruflichen Lehramts. Der sogenannte „duale Seiteneinstieg“ für das Lehramt an Berufskollegs sieht vor, dass die angehenden Lehrkräfte drei Tage pro Woche an der Schule unterrichten und zwei Tage an der Universität studieren. Nach sechs Semestern erwerben sie den Master of Education.

Gerade für das Lehramt an Berufskollegs, das seit Jahren mit gravierendem Nachwuchsmangel zu kämpfen hat, könnte ein weiterentwickeltes duales Modell große Chancen bieten. Der Praxisbezug von Beginn an, die stärkere Anbindung an eine Schule sowie finanzielle Planungssicherheit machen den Lehrerberuf für junge Menschen attraktiver. Gleichzeitig könnten Schulen früher und gezielter pädagogisches Personal aufbauen.

Frühzeitige Praxiserfahrung statt
spätem Praxisschock
Ein zentrales Argument der Elternverbände: Viele Lehramtsstudierende kommen erst spät – häufig erst im Praxissemester im Master – mit der Realität des Schulalltags in Kontakt. Nicht selten führt das zu Studienabbrüchen oder Orientierungslosigkeit. Ein duales Studium könnte dazu beitragen, frühzeitig Berufserfahrungen zu sammeln und damit fundierte Entscheidungen zu ermöglichen – sowohl für die Studierenden als auch für die ausbildenden Schulen.

Ein Beitrag gegen den Lehrkräftemangel
Zum Jahreswechsel waren in NRW rund 8.050 Lehrkräftestellen unbesetzt – ein neuer Höchststand. Der Mangel trifft vor allem Schulen in sozial herausfordernden Regionen und Berufskollegs mit ihren vielfältigen Bildungsgängen besonders hart. Duale Studienmodelle könnten ein wichtiges Instrument sein, um dem entgegenzuwirken – sofern sie gezielt, qualitätsgesichert und mit den Bedarfen der Schulen vor Ort abgestimmt eingeführt werden.

Fazit:
Die Forderung der Elternverbände ist ein starkes Signal an die Politik. Ein modernes, duales Lehramtsstudium kann Teil der Lösung für den sich zuspitzenden Lehrkräftemangel sein – insbesondere, wenn es auch die Besonderheiten der beruflichen Bildung berücksichtigt. Der VLWN wird die Debatte aktiv begleiten und sich dafür einsetzen, dass praxisnahe und attraktive Ausbildungswege auch in Niedersachsen Einzug halten.

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