Weiterer Aderlass der beruflichen Bildung

Leuphana in Lüneburg will Studiengang Wirtschaftspädagogik schließen/VLWN: Absurd!

 

Aberwitz in der Salzstadt: Während die Politik intensiv bemüht ist, den eklatanten, sich weiter verschärfenden Lehrermangel in der beruflichen Bildung mit tragfähigen Konzepten abzufedern, will das Dekanat der Leuphana Universität in Lüneburg als einer von drei Studienstandorten in Niedersachsen für das Studienfach Wirtschaftspädagogik genau dieses abschaffen – mehr heimlich still und leise und am Kultusministerium (MK) vorbei, ohne das Wissenschaftsministerium (MWK) frühzeitig und transparent eingebunden zu haben. „Das ist absurd, inakzeptabel und schwächt die berufliche Bildung nachhaltig“, sagt Joachim Maiß, Landesvorsitzender der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen in Niedersachsen (VLWN).

 

Wirtschaft und Verwaltung sind das mit Abstand größte Berufsfeld in der dualen Ausbildung. Allein das Studienseminar in Stade rekrutiert knapp die Hälfte  der Wirtschaftspädagogik-Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst aus Lüneburg. Die Ausbildungsschulen, die zum Bereich des Studienseminars Stade gehören, erstrecken sich von Cuxhaven über Verden bis nach Lüchow-Dannenberg. Und: Die Bewerberzahlen für den Studiengang der Wirtschaftspädagogik übersteigen regelmäßig die Anzahl der angebotenen Studienplätze. „Jetzt soll ein seit Jahrzehnten etablierter Studiengang abgewickelt werden und das damit ohnehin viel zu knappe Studienangebot für Wirtschaftspädagogik weiter dezimiert werden. Das ist ein weiterer Aderlass der beruflichen Bildung. Um dem Lehrkräftemangel bei den Berufsbildnern zielführend zu begegnen und die berufliche Bildung zu stärken, brauchen wir nicht weniger, sondern deutlich mehr Studienplätze“, sagt Maiß.

 

Hintergrund: Bis zum Tod des langjährigen Lehrstuhlinhaber Prof. Andreas Fischer 2019 genoss der Studiengang Wirtschaftspädagogik in Lüneburg einen hervorragenden Ruf. Statt die Stelle adäquat wiederzubesetzen, wurde der Studiengang durch Untätigkeit immer weiter geschwächt. Weshalb die Uni-Spitze mittlerweile vom Sorgenkind der Fakultät spricht und darauf verweist, dass das Fach Sozialpädagogik deutlich stärker nachgefragt sei, dass zu Lasten der Wirtschaftspädagogik ausgebaut werden solle. Dabei wurde im vergangenen Monat  gerade erst eine Juniorprofessur Wirtschaftspädagogik mit Harald Hantke besetzt.

 

Am 7. Juni sprach sich die Studienkommission für eine schrittweise Schließung bis zum Wintersemester 24/25 aus. Was zur Folge hätte, dass die letzten Masterstudierenden zum Wintersemester 29/30 die Tür für immer hinter sich zu ziehen würden. Eine finale Entscheidung steht noch aus und wird letztlich vom MWK gefällt, das vom MK diesbezüglich beraten wird. Das MK hat bereits signalisiert, dass die Entscheidung nicht mitgetragen wird.

„Es ist unverständlich, wie angesichts des Lehrkräftemangels überhaupt Überlegungen zu Schließungen von Lehramtsstudiengängen, egal welcher Fachrichtung, angestellt werden“, sagt Maiß. Eine Deckung von Bedarfen in anderen Fachrichtungen könne hier kein Grund sein. Das Stopfen von Löchern an der einen Stelle, dürfe nicht zum Aufreißen von Löchern an anderer Stelle führen. Alle handelnden Personen seien gut beraten, Fachrichtungen nicht gegeneinander auszuspielen.

„Das Ziel muss sein, Studienplätze in allen Fachrichtungen weiter auszubauen. Und wir brauchen Wirtschaftspädagogen mit zusätzlicher Medienkompetenz. Sinn machen würde eine dauerhafte und effektive Besetzung des Wirtschaftspädagogiklehrstuhls in Lüneburg in Verbindung mit einer E-Professur für Mediendidaktik. Eine derartige Kombination wäre ein Novum in Niedersachsen und im Bundesgebiet. Es würde auch den Sozialpädagogen zugutekommen, da die Digitale Schule dringend wissenschaftlich untermauerten und abgesicherten Input braucht“, sagt Maiß.

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