Der aktuelle Wille zählt

Startschuss für VLWN-Senioren: Fachvortrag „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“

 

Die beste Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht ist nichts wert, wenn sie im Falle eines Falles nicht auffindbar ist und niemand erreichbar ist, der um deren Existenz weiß. Diese Tatsache bläute Kurt Scherff als Referent des Fachvortrags „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ den VLWN-Senioren Mitte November förmlich ein, indem er dies gleich mehrfach wiederholte und empfahl: „Immer die scheckkartengroße Bestätigung, dass eine Vollmacht vorliegt, im Portemonnaie mit sich zu tragen. Die Vorsorgevollmacht sollte darüber hinaus bei der Bundesnotarkammer registriert werden, weil Ärzte in einem Notfall über eine Hotline dort anfragen, ob vermerkt ist, dass eine Vorsorgevollmacht vorliegt.“

Scherff, vor seiner Pensionierung Bundesbeamter, hat 1995 traurige Bekanntschaft mit den Fallstricken rund um Vollmachten gemacht, als er im Uniklinikum Göttingen entscheiden musste, ob die lebenserhaltende Technik bei seiner Frau abgeschaltet werden soll. „Das löste bei mir den Impuls aus, mich vertiefend mit der Materie zu beschäftigen“, sagte der Vorsitzende der dbb-Senioren in Bremen, der sich dann autodidaktisch zum gefragten Experten für das Thema weiterbildete. „Der Themenkomplex ist keine leichte Kost. Nicht nur, weil man sich mit seinem eigenen Tod beschäftigen muss und selbstbestimmt darüber hinaus Entscheidungen fällen muss, sondern auch, weil es auf juristische Feinheiten bei der Formulierung ankommt“, sagte Scherff.
Zum Einstieg erläuterte Scherff die Unterschiede zwischen Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht. „In der Patientenverfügung lege ich fest, welche medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung ich bei einer aussichtslosen Erkrankung wünsche. Die Patientenverfügung muss vom behandelnden Arzt berücksichtigt werden. Allerdings ist sie nicht zwingend der letzte Wille, sondern kann vor Eingriffen auch noch von Patienten geändert werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Patient dazu geistig in der Lage ist.“

Die Betreuungsverfügung hält Scherff für überflüssig, vor allem, wenn stattdessen eine deutlich weiterreichende Vorsorgevollmacht ausgestellt wird. „Bei der Vorsorgevollmacht wird eine Person des Vertrauens bevollmächtigt, die im Falle eigener Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit im Namen des Patienten entscheiden kann. Das kann bis hin zu vermögensrechtlichen Belangen reichen. Liegt weder eine Betreuungsverfügung noch eine Versorgungsvollmacht vor, beruft im Falle eines Falles ein Gericht einen Betreuer, der von jetzt auf gleich Entscheidungen fällen kann, die mitunter durch Angehörige nicht mehr revidiert werden können. „Das ist ein Risiko“, sagte Scherff und betonte: „Und dann gibt es noch die Generalvollmacht, mit der alles möglich ist.“
Natürlich kann man Vollmachten und Verfügungen auch schriftlich aufsetzen. Davon rät Scherff schon mit Blick auf die juristisch relevanten Formulierungen ab. Stattdessen empfiehlt er Vordruckformulare, wo mit Ankreuzkästchen der persönliche Wille klar und deutlich formuliert werden kann. Weil am Ende des Fachvortrags noch ein wenig Zeit war, streifte Scherff noch das Thema „Erbrecht“. Das Vordruckformular und die Handouts zu beiden Themen stehen VLWN-Mitgliedern im internen Bereich der Webseite zum Download zur Verfügung.
Der Fachvortrag war die Auftaktveranstaltung einer Reihe von Veranstaltungen, die speziell die Bedürfnisse von Pensionär:innen und Ruheständler:innen aufgreifen. Geplant sind neben Fachvorträgen auch Tagesausflüge und mehrtägige Reisen. Denn: Mit Ende der Dienstzeit endet noch lange nicht das verbandliche Leben. Der VLWN vertritt selbstverständlich schon immer auch die gewerkschaftlichen, rechtlichen und sozialen Interessen seiner Pensionär:innen und Ruheständler:innen.Und dieses Angebot will der Verband jetzt um attraktive Mehrwerte ausbauen.

„Wir wollen die Fachvorträge auch in andere Bezirke ausrollen und dort wiederholen, weil ja nicht jeder zwingend immer nach Hannover kommen möchte“, sagte Dieter Hartmann, stellvertretender Landesvorsitzender des VLWN und im Vorstand zuständig für Recht und Besoldung, der die Veranstaltung geplant hat. Nach dem offiziellen Teil überreicht Joachim Maiß, VLWN-Vorsitzender, nachträglich zum 70. Geburtstag einen Präsentkorb.

Diesen Beitrag teilen

Email
Drucken
Facebook
Twitter

Letzte Beiträge

Skip to content